Über Tierschutzhunde

Ein paar Worte zum Tierschutzhund

Wir erleben viel Elend im Ausland. Die Tiere dort haben keine Lobby, es gibt niemanden der für sie zuständig ist, wenn sie ausgesetzt oder entsorgt werden. Sie werden misshandelt, verjagt, sie hungern, man tötet ihre Welpen, schneidet ihnen Ruten und Ohren ab. Sie leben ein Leben lang an der Kette, oft ohne jeglichen Schutz vor Hitze oder Kälte, oder werden in dunklen Kellern gehalten und zur Vermehrung ausgenutzt. Sie werden für Hundekämpfe eingesetzt und schwer verletzt zum Sterben liegen gelassen. Welpen werden in Plastiktüten gesteckt und in Müllcontainern oder am Straßenrand entsorgt, Mütter mit Nachwuchs werden irgendwo im Wald an einen Baum gekettet, auch zum Sterben verurteilt wenn sie niemand findet. Wenn sie Pech haben dann sterben sie entweder gleich oder später in einer der vielen Tötungsstationen. Aber wenn sie Glück haben, landen sie in einem unserer Tierheime und überleben.

Natürlich ist es uns wichtig, für diese Hunde ein passendes Zuhause zu finden. An dieser Stelle beginnt unsere Verantwortung. Denn nicht jeder Hund ist vermittelbar. Und die vermittelbaren Hunde haben alle eine Geschichte im Gepäck. Nicht jeder Hund passt in jede Familie. Es ist unsere Aufgabe, genau zu prüfen, ob der Platz passend für den Hund ist. Denn Ziel ist es ja, dass der Hund dort den Rest seines Lebens bleiben kann, egal wie lange das noch sein mag. Wir vermitteln keine Hunde, die wir nicht selber kennen und beurteilen können. Wir besuchen jede Familie im Vorfeld, um den Platz zu prüfen und um entscheiden zu können, ob Hund und Familie zusammenpassen. Und an dieser Stelle setzt die Verantwortung der neuen Halter an. Denn diese sollten sich ebenfalls im Vorfeld genauestens Gedanken gemacht haben über ihr Vorhaben, einen Tierschutzhund zu adoptieren.

Momentan ist es ja schon fast schick und „in“, sich einen Tierschutzhund nach Hause zu holen. Da muss man dann schon auch mal nach der Motivation fragen dürfen: tut der Adoptant das, um sich selber besser zu fühlen, um etwas „Gutes“ getan zu haben?  Oder steckt das wirkliche Bedürfnis dahinter, einem solchen Hund zu helfen mit allen Konsequenzen? Ist der Bewerber sich absolut klar darüber, was die Adoption eines Tierschutzhundes bedeutet? Denn man „rettet“ nicht eben mal so einen Tierschutzhund. Man übernimmt eine Verantwortung, oft für lange Zeit. Diese Hunde haben entweder gar keine Erfahrungen mit Menschen, schlechte oder teilweise traumatische Erlebnisse durch Menschen, Erfahrungen durch Überlebenskampf auf der Straße oder in einer Tötung, verheilte oder noch aktuelle Krankheiten und/ oder Verletzungen. Oft sind sie schlecht oder gar nicht sozialisiert mit Mensch und/oder Artgenossen. Man reißt sie aus ihrem Land das trotz allem ihre Heimat ist, bringt sie in ein fremdes Land, in eine fremde Kultur mit völlig anderen Ansprüchen als in ihrem Heimatland.

Hier soll sich der gerettete Hund dann möglichst dankbar und schnell integrieren und in sein Umfeld einpassen. Wenn das nicht funktioniert, ist es immer öfter so, dass der Hund dann wieder weg soll. Da will man dann nichts mehr davon wissen, dass man auf verschiedene Dinge hingewiesen wurde, die mit einem solchen Hund nach Hause kommen können. Das diese Hunde nicht stubenrein sind, weil sie oft monatelang im Zwinger saßen. Das sie manchmal nicht kompatibel mit Artgenossen sind und erst lernen müssen, diese wieder zu akzeptieren. Das sie die Mülleimer leer räumen, weil sie das vorher in ihrem Straßenleben auch tun mussten. Das sie auf Tisch und Küchenplatte springen weil sie nie in einem Haus gelebt haben und nicht wissen was man so darf und was nicht. Das sie nicht ordentlich an der Leine laufen weil das vorher nie jemand mit ihnen getan hat. Das sie Ressourcen verteidigen weil sie nur so die Tötung überlebt haben. Das sie oft keine Männer mögen, weil diese in der Regel diejenigen waren die sie misshandelt haben. Das sie Angst vor vielen Dingen haben wie Fahrzeuge, laute Geräusche, Kinder, andere Tiere, weil sie das alles nicht kennen. Das sie sich oft nicht mal anfassen und auch nicht anleinen lassen weil ihnen wehgetan wurde und sie Angst vor Menschen haben. Das sie Dinge zerstören, das sie nicht allein bleiben können. Das sie viel bellen weil das Leben für sie pure Aufregung bedeutet. Die Liste ist lang. Alles kann, muss aber nicht sein. Aber wenn auch nur eines dieser Probleme auftritt, wie ist dann der Plan? Ist man sich überhaupt darüber im Klaren, dass ein Hund nicht nur Liebe, sondern vor allem Regeln und Grenzen und Verlässlichkeit braucht? Das man viele Dinge mit ihm üben und er einiges einfach erst lernen muss? Wie viel Zeit gesteht man dem neuen Mitbewohner zu um alles zu lernen? Wieviel Zeit ist man bereit, zu investieren? Wie viel Geld kann und will man für Unterstützung aufbringen, wenn man es allein nicht hinbekommt?

Die Antwort ist leider immer öfter: zu wenig. Dann soll das Tier wieder weg, das in einer kurzfristigen Laune angeschafft wurde unter dem Deckmantel der Hilfe. Manchmal mit Geld-zurück-Forderung, als würde man ein nicht passendes Paar Schuhe mal eben zurück schicken. Leider ist der einzig Leidtragende dann der Hund, der in eine neue Familie umgesetzt werden muss und nur eines dadurch lernt, nämlich dass Menschen nicht verlässlich sind. 

Wir wünschen uns Verantwortungsbewusstsein. Niemand würde ernsthaft auf die Idee kommen, seine pubertierenden Kinder im Heim abzugeben, weil sie anstrengend sind, auch wenn man sicher ab und an das Bedürfnis danach hat. Hunde sind fühlende Lebewesen und zumindest hierzulande Familienmitglieder. Sie haben es verdient, dass wir alles für sie tun, wenn wir sie hier her geholt haben und sie nicht einfach entsorgen wenn es anfangs nicht ganz rund läuft. Denn dann wären sie besser noch etwas länger im Tierheim geblieben bis die wirklich richtige Familie auftaucht…

Und fast immer hängt das Verhalten eines Hundes auch unmittelbar mit uns selber zusammen. Sie lesen und sie spiegeln uns, sie nehmen alle unsere Stimmungen wahr. .Sie spüren unsere Freude genauso wie Traurigkeit, Zweifel, Frust oder Wut. Oft sitzen die Schwierigkeiten bei einem selber und nicht beim Hund. Wenn wir von ihnen bedingungslose Loyalität, Treue und Liebe erwarten, sollten wir das auch zurück geben- mit allen Konsequenzen. 

Bitte denkt also genau nach, ob ihr in der Lage seid, einem (Tierschutz)Hund auch gerecht zu werden. Sie haben es verdient, dass wir die Verantwortung für sie ernst nehmen. Denn sie sind wunderbar. Sie schenken uns ihr Vertrauen, oft nach all den schrecklichen Dingen die sie erlebt haben. Sie lassen sich auf ein neues Leben ein. Sie haben es verdient, dass wir ihnen einen liebevollen und sicheren Rahmen geben. Damit sie ihr Gepäck eines Tages abwerfen können.  Wir sollten unser Versprechen auf ein gutes neues Leben einhalten wenn wir sie erstmal her geholt haben. Tierschutz ist eben nicht einfach schnell ein Tier retten. Tierschutz ist in erster Linie Verantwortung zu übernehmen. 

Wenn sie jetzt immer noch der Meinung sind, ein Tierschutzhund  sei genau das richtige für sie, dann sind sie richtig bei uns und unseren Hunden. :)